Heinrich Bleicher

Angeregt durch Evas Kurzbiografie (s.u.) beginne auch ich mit meinen Leseerfahrungen. Man würde sie nicht als so literarisch wertvoll bezeichnen. Aber sie haben mir Spaß am Lesen gebracht. Für meine Generation gehörte dazu neben anderen Autoren – wie Jack London – Karl May. Die Hälfte aller Werke vermutlich nachts unter der Bettdecke gelesen. Viel später habe ich mich noch einmal in die Wüstenromane vertieft. Es ging, angestoßen durch die arabische Rebellion; um die VS-Tagung zu »Orient und Okzident«. Wie entsteht das Orientbild im Kopf. An den insgesamt über 15 Tagungen habe ich als Herausgeber und Autor der Tagungsbände mitgewirkt.
Während der Schulzeit folgte dann auf dem Gymnasium und im Germanistik-Studium der übliche literarische Kanon. Das Lehramt in Geschichte und Deutsch wurde mir verwehrt. Damals gab es eine heute kaum noch zu glaubende Lehrerschwemme.
Da aus mir kein Lehrer werden sollte, wechselte ich zur Kommunikation. Schloss dort das Studium ab und ging in den Journalismus. Meine noch nicht begonnene Karriere wurde durch den Aufkauf der Zeitung beendet. Es kümmerte mich nicht. Im Studium zu Marxens Kapitallektüre verpflichtet, war der Zusammenhang klar. Eine dann begonnene Promotion zur Mediengewerkschaft fand ihr nicht abgeschlossenes Ende als man mich fragte, an deren Bildung mitzuwirken. So kam ich ungeplant aber mit Freude und Engagement in die hauptamtliche gewerkschaftliche Tätigkeit. Medien- und Kulturpolitik sowie die Geschäftsführung des Schriftstellerverbandes (VS) hielten mich dort über dreißig Jahre fest. Schreiben gehörte dazu. Die Literatur gewann aber erst mit dem Wechsel als einfaches Mitglied zum Schriftstellerverband in ver.di wieder an „Zuwachs“. Nicht möglich alle Autorinnen und Autoren zu nennen, die mich beeinflusst oder geprägt haben. Neben den in den Literaturhinweisen Genannten seien Ingeborg Drewitz, Christa Wolf und Brigitte Reimann benannt.
Ich hoffe, dass mir die Tätigkeit im Vorstand des Kölner Schriftstellerverbandes noch genügend Zeit läßt für die mit anderen gegründete Hans-Mayer-Gesellschaft.
Veröffentlichungen (Auswahl):
- „Dann wird das Vergangene abermals zur Gegenwart“ in: Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.) Erinnerungskultur stärkt Demokratie, Talheimer Verlag, Mössingen 2019
- „Sie hatten es sich anders vorgestellt“ – Alfred Döblins Erzählwerk November 1918, in: hg. von Beutin, Bleicher u.a. „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat“. Revolutionen und Rebellionen im 20. Jahrhundert, Talheimer, Mössingen 2019
- „… es war die Würde, die vor den Mündungen eurer Gewehre lag.“ – Das Thema Widerstand in den Romanen von Jorge Semprún, in: Beutin, Bleicher u.a. (Hg.), „Widerstand ist nichts als Hoffnung“ – Widerständigkeit für Freiheit, Menschenrechte, Humanität und Frieden, Talheimer Verlag, Mössingen 2020
- Ein Leben in Briefen. Spuren zu Else und Friedrich Wolf, in: Hier ist herrlich arbeiten, hg. von König, Winter, Körner, Berlin 2021, S. 18-24
- Heinrich Bleicher, Der unbequeme Aufklärer – Gespräche über Hans Mayer, Talheimer Verlag, Mössingen 2022.
Siehe auch: Hans-Mayer-Gesellschaft.
Dr. Eva Weissweiler

1951 zwischen Trümmern und Fabriken geboren, musste ich meine Inspirationen nachts unter der Decke suchen, wo ich mit der Taschenlampe Tolstoi und Thomas Mann las. Ich war froh, dass meine Eltern überhaupt Bücher hatten, denn in den meisten anderen Familien, die ich kannte, gab es nur das Telefonbuch, die Bibel und den Kleinen Brockhaus. Lange zwischen Musik und Literatur hin- und hergerissen, entschied ich mich schließlich für das Schreiben, was meine Mutter mir nie verzieh, denn sie wollte eine zweite Elly Ney aus mir machen. Ich studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Orientalistik. Das Studium an sich hat mir wenig gebracht, aber ich lernte gründlich zu recherchieren und fing an, über Politik nachzudenken. Notstandsgesetze, Vietnam-Krieg, Rote Armee Fraktion, Anti-Atom-Demos – wer wollte sich da noch mit dem Triller im Spätwerk Beethovens beschäftigen oder mit mittelalterlichem Minnesang? Deshalb blieb ich nach der Promotion nicht an der Uni, sondern ging zum Radio und fing an, für Zeitungen zu schreiben, u.a. auch für die „Emma“. 1980 erschien mein erstes Buch, „Komponistinnen aus fünf Jahrhunderten“, einer der ersten Versuche, die Rolle der Frau in der Musikgeschichte aufzuarbeiten, was für viele Jahre mein Thema blieb. Später befasste ich mich mit Autoren und Autorinnen des Exils, mit unentdeckten Verbrechen des Nationalsozialismus und den Werken begabter jüdischer Frauen, die von der Exilforschung „vergessen“ wurden. Ich bin mit jetzt 72 immer noch als Autorin aktiv und freue mich, im VS Kolleginnen und Kollegen zu treffen, die meine Leidenschaft für Literatur, Frieden und Gerechtigkeit teilen.
Werke (Auswahl)
- Komponistinnen aus 500 Jahren: eine Kulturgeschichte in Biographien und Werkbeispielen. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 1981, ISBN 3-596-23714-9.
- Clara Schumann. Eine Biographie. Hoffmann und Campe, Hamburg 1991, ISBN 3-455-08332-3.
- Ausgemerzt! Das Lexikon der Juden in der Musik und seine mörderischen Folgen. Dittrich, Köln 1999, ISBN 3-920862-25-2.
- mit Hidir Celik und Helle Jepsen:) Nationalität: Schriftsteller Zugewanderte Autoren in Nordrhein-Westfalen. Free Pen, Bonn 2002, ISBN 3-933672-12-0
- Die Freuds. Biografie einer Familie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, ISBN 3-462-03617-3.
- Erbin des Feuers. Friedelind Wagner. Eine Spurensuche. Pantheon Verlag 2013, ISBN 3-570-55190-3.
- Notre Dame de Dada. Luise Straus-Ernst – das dramatische Leben der ersten Frau von Max Ernst. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, ISBN 978-3-462-04894-0.
- Lady Liberty: Das Leben der jüngsten Marx-Tochter Eleanor. Hoffmann und Campe, Hamburg 2018, ISBN 978-3-455-00292-8.
- Das Echo deiner Frage: Dora und Walter Benjamin – Biographie einer Beziehung. Hoffmann und Campe, Hamburg 2020, ISBN 978-3-455-00643-8. Das Buch stand im Februar 2020 auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von Die Zeit, ZDF und Deutschlandfunk[4].
- Villa Verde oder Das Hotel In Sanremo – das italienische Exil der Familie Benjamin, btb München 2022, ISBN 978-3-442-75982-8
Sabine Schiffner

Sabine Schiffner, geboren 1965 in Bremen, Studium der Theaterwissenschaften, Germanistik und päd. Psychologie in Köln, anschließend Regisseurin am Schauspielhaus Köln. Veröffentlicht Lyrikbände und Romane seit 1994 und hat eine Reihe von Lyrikbänden u.a. aus dem Georgischen und Französischen übersetzt. Sie hat für ihre Bücher viele Preise und Stipendien erhalten, u.a. den Pontopreis der Dresdner Bank, ein Aufenthaltsstipendium in der Villa Aurora (L.A.), den Förderpreis der Deutschen Schillerstiftung und zuletzt das Aufenthaltsstipendium der Kunststiftung NRW in Istanbul. Sie ist Mitglied im PEN Deutschland.
Homepage: https://sabineschiffner.de/
Christian Linker

Als ich noch ganz klein gewesen war, da hatten wir immer denselben Bundeskanzler gehabt, das war der Helmut Kohl. Und auch denselben Ministerpräsidenten, der hieß Johannes Rau. Erst später hab ich geschnallt, dass wir in einer Demokratie leben. Da war es aber zu spät gewesen, um in irgendeine Partei einzutreten, denn mit 15 Jahren hatte ich mich rettungslos und unwiederbringlich der Katholischen jungen Gemeinde verschrieben. Dort hab ich alles gelernt, was ich heute kann: schlau daherreden und sich mit den Mächtigen anlegen, von einer besseren Welt träumen und sich bei Ungerechtigkeiten einmischen – und nicht zuletzt auch feste zu feiern. Alles Dinge, die du auch als Schriftsteller*in gut gebrauchen kannst.
Nach zwei Kinderbüchern war es für mich Zeit, endlich einen Roman zu schreiben. Ich hatte da diese Idee mit dem Jugendknast, aber das fand der Verlag doof. So haben wir uns getrennt und ich fand schließlich bei dtv eine neue verlegerische Heimat, der ich bis heute treu bin. Nachdem Raumzeitdort erschienen war und mit der Nominierung Deutschen Jugendliteraturpreis ganz gut performt hatte, holte ich jenen Roman aus der Schublade, den ich mit 19 geschrieben hatte. Ja, immer noch sehr politisch, aber auch immer noch schöne Dialoge. dtv wollte ihn und so erblickte Das Heldenprojekt doch noch das Bühnenlicht der Literaturbetriebswelt.
Parallel zu RAUMZEIT hatte ich auch meine Diplomarbeit geschrieben und das Theologiestudium abgeschlossen. Danach ergab es sich, dass ich zum hauptamtlichen Vorsitzenden des BDKJ DV Köln gewählt wurde. Da konnte ich neun Jahre lang den ganzen Tag meinem zweitliebsten Hobby nachgehen, nämlich in Politik, Gesellschaft und Kirche für die Anliegen junger Menschen zu streiten. Drei eigene Kinder, die langsam erwachsen werden, komplettierten das Programm.
Inzwischen lebe ich als hauptberuflicher Schriftsteller. Mache Ausflüge ins Sachbuch oder in die Belletristik und unternehme zwischendurch das eine oder andere Projekt . Vor allem – das ist eigentlich das Salz in der Suppe der Schriftstellerei: gehe ich gern auf Lesereisen.
Wer mehr wissen will findet es hier.
Angelika Hensgen

Ok, was wollt ihr wissen, liebe Leute? Dass ich Angelika Hensgen heiße, seht ihr oben – mein Geburtsname ist Abels, hab immer überlegt, ob ich den auch noch mal nutze, ich find ihn ganz cool. Ich bin gelernte Speditionskauffrau, habe das Abitur am Abendgymnasium nachgemacht, weil ich das Tagesgym in der Jugend eher unangenehm fand. Später studierte ich mit vier Kindern und einem lieben Mann – der all meine guten und/oder verrückten Ideen unterstützte – Germanistik, Afrikanistik und Anglistik in Köln und gehörte, soweit ich mich erinnere, 1996 zum letzten Jahrgang, der mit dem Magister abschließen durfte. 2005 habe ich noch ein Lehramtsstudium angehängt; bis Sommer 2017 arbeitete ich als Lehrerin für Englisch und Deutsch, was mir die Gedanken an die Rente etwas weniger gruselig machte, als wenn ich mich aufs Schreiben und Kümmern um eine Großfamilie verlassen hätte.
Geschrieben habe ich sowieso von Kindesbeinen an, aus Spaß am Fabulieren und um die Welt zu ertragen. Die W/wa(h)re Kunst bereitet mir nach wie vor Kopfzerbrechen. Während des Studiums besuchte ich auf Anraten eines Kommilitonen das Forum für schriftstellerische Versuche und die Autorenwerkstatt der Uni Köln. So machten sich im Laufe der Jahre einige meiner Kopf- und Herzgeburten auf den Weg in die Außenwelt, und es bereitet neben dem Schreiben auch Freude, wenn meine Worte andere bewegen. Zurzeit bin ich unterwegs im Spannungsfeld zwischen Hilde Rubinstein und Hans Mayer, die zu meinen Vorbildern gehören und mit deren Zitate ich abschließen möchte:
„Warum so wenig Vertrauen zur eigenen Hand? Daß es Milliarden Handschriften gibt, die allesamt verschieden sind, wie sehr man immer schreiben lernte, ist ein – noch nicht gebührend beachtetes – Naturwunder.“ […] Ich liebe Künstler, die es wagen, sich den Konventionen, Konzessionen, Korruptionen ihrer Gegenwart zu entziehen. Oder ist es ‚menschlich‘, wenn auch der Maler das neueste Modell (ein Auto) begehrt? Ich mag Menschlichkeit nicht derart entwerten.“ Hilde Rubinstein, Apropos Fertilität, Frankfurter Hefte 3 (1974)
„Manches mag man einwenden können gegen die These Theodor W. Adorno, wonach wahres Leben überhaupt nicht mehr möglich sei in einem ‚unwahren Ganzen‘. Eines aber ist sicher: keine Bilderflut einer Wegwerfgesellschaft und kein Fundamentalismus heiliger Krieger oder selbsternannter Propheten kann jemals das Prinzip Hoffnung in uns allen widerlegen. Dieses Prinzip Hoffnung ist sehr einfach zu beschreiben: Es ist einfach die Sehnsucht nach einem menschenwürdigen Leben.“ Hans Mayer, Verjährung und Versöhnung in: Ginzel, Günther, Der Anfang nach dem Ende: jüdisches Leben in Deutschland 1945 bis heute, Düsseldorf, 1996
Auswahlbibliografie
Racheengel, Niederrhein Krimi, Emons Verlag, Köln 2001
Schattenräume, Niederrhrein Krimi, Emons Verlag, Köln 2004
Schnittstellen, Erfahrungen, Bastei Lübbe, Köln 2010
SEM NAMENLOS Verwirrung, tredition, Hamburg, 2019
Homepage: https://angelikahensgen.hensgen.de/